Endlich Frieden mit dem eigenen Körper schließen? Body Positivity und Body Neutrality

Wir leben in einer Kultur, in der uns von Klein auf beigebracht wird, das unser Körper irgendwie kontrolliert werden muss. In einer Welt, in der unser Aussehen über unseren Wert bestimmt, sind Körperhass und Fettphobie für die meisten von uns ganz alltägliche Begleiter. Sei mal ehrlich – wie viele Frauen kennst du, die sich in ihrem Körper rundum wohlfühlen? 

In meiner Arbeit führe ich viele Gespräche mit Frauen, die die internalisierte Diätmentalität aufgeben und Frieden mit ihrem Körper schließen wollen. Aber wie kann das gelingen?  

Wichtig ist es, uns zunächst einmal bewusst zu machen: Wie denken wir eigentlich über unseren Körper? Und in einem nächsten Schritt zu versuchen, unsere negativen Gedanken nach und nach zu hinterfragen und zu verändern. 

Die Konzepte von Body Positivity und Body Neutrality können dabei sehr hilfreich sein. Aber was genau bedeuten sie eigentlich, und wie hängen sie miteinander zusammen? Das wollen wir uns hier einmal genauer anschauen. 

Body Positivity oder Body Neutrality?

Man kann den körperneutralen Ansatz vom Begriff der Body Positivity unterscheiden, bei dem es ja eher um eine Erweiterung von Schönheitsidealen geht: „Mein Körper verdient Liebe und Respekt, auch wenn er nicht dem (schlanken) Schönheitsideal entspricht“. Die Body Positivity-Bewegung entstand aus dem Fat Liberation Movement in den USA und setzt sich gegen die Diskriminierung dick_fetter Menschen ein. 

(Wenn du mehr über die Geschichte von Body Positivity erfahren möchtest, kann ich dir diesen Artikel von den Marshmallow-Mädchen empfehlen.)

Leider wurde dieses Konzept dann von der Diät-, Kosmetik- und Wellnessindustrie gekapert, um Mode, Schönheits- und Diätprodukte zu vermarkten. Diese Firmen wollen uns eine vermeintliche Lösung für die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper verkaufen – und verstärken so natürlich die Auffassung, dass unsere äußerliche Erscheinung das Wichtigste an uns wäre. Das hat mit der ursprünglichen Idee von Body Positivity zwar nicht mehr so viel zu tun, führte in der Folge aber dazu, dass viele Menschen sich davon eher abwendeten. 

Das Konzept der Body Neutrality geht von der Prämisse aus, dass unser Körper nicht das ist, was uns definiert. Die Bewegung misst dem äußeren Erscheinungsbild eine geringere Bedeutung zu – und beansprucht so die Deutungshoheit über den eigenen Körper gegen die Vermarktung durch die Diät- Schönheitsindustrien. 

Bei der Körperneutralität geht es darum, den eigenen Körper zu respektieren, ohne sich zuviele – positive oder negative – Gedanken um sein Aussehen zu machen. Sie fußt auf dem, was dein Körper KANN – und fokussiert das Leben, das du in ihm leben kannst. Ob dein Körper attraktiv oder unattraktiv für andere ist, spielt dabei keine Rolle. 

Das Konzept fordert uns also dazu heraus, unseren Selbstwert aus etwas anderem zu schöpfen als aus unserem Level an Attraktivität. Und genau hier steckt ein unheimlich starkes Moment an Selbstermächtigung und Selbstbestärkung, für Menschen jeder Körperform und -größe! 

Aber Achtung: Es geht bestimmt nicht darum, diese beiden Ansätze gegeneinander auszuspielen. Das eine schließt das andere nicht aus – ich würde sagen, dass Körperneutralität eher einen besonderer Aspekt von Body Positivity darstellt. Für viele Menschen, die ein sehr negatives Körperbild haben, scheint der Schritt zur Körperneutralität erstmal machbarer als der zur Body Positivity. Es kann sich einfacher anfühlen, sich zunächst weniger auf das eigene Aussehen zu beziehen. 

Zehn Affirmationen für mehr Neutralität in deinem Körperbild

Affirmationen können sehr hilfreich sein, um ganz bewusst – und Schritt für Schritt – deine Art des Denkens zu verändern. Du kannst die folgenden Sätze einfach mal für dich ausprobieren. Beobachte dabei einmal, wie sie sich für dich anfühlen. Vielleicht spürst du bei manchen Sätzen einen inneren Widerstand, oder es macht sich ein Gefühl der Erleichterung breit? Vielleicht ist ein Satz so passend für dich, dass du ihn dir aufschreiben und an den Spiegel hängen möchtest? Wiederhole die Affirmation dir selbst gegenüber mehrmals am Tag, wie eine kaputte Schallplatte. Vor allem an Tagen mit einem negativen Körperbild. Und: Teile sie mit deinen Liebsten! Wir wissen doch alle, dass es viel zu viel Körperhass in unserer Gesellschaft gibt.

„Ich achte und ehre meinen Körper, indem ich mich auf verschiedene Arten bewege, die mir guttun.“

„Mein Körper verdient Freundlichkeit und Mitgefühl.“

„Ich vertraue meinem Körper, dass er mir zeigt, wann er Bewegung und wann er eine Pause braucht.“

„Ich werde auf die Bedürfnisse meines Körpers hören.“

„Mein Körper ermöglicht mir so viel. Er ist nicht mein Feind. Er ist immer für mich da.“

„Auch, wenn ich nicht mag, wie mein Körper aussieht, kann ich mich trotzdem mit Respekt und Würde behandeln.“

„Mein Körper IST einfach. Ich selbst und andere interpretieren Bedeutung in sein Sein hinein. Ich kann versuchen, mein Bedürfnis loszulassen, diese Wahrnehmungen meines Körpers zu kontrollieren.“

„Mein Wert ist nicht an mein Aussehen gekoppelt.“

„Ich bin mehr als mein Körper.“

„Mein Körper darf sich verändern.“